Folgen des Klimawandels

Posted by Chuck Norris on August 12th, 2019

Die Menschheit kämpft weltweit um Land, das sich bestellen lässt. Denn immer mehr Menschen gilt es zu versorgen, gleichzeitig ist der Klimawandel aufzuhalten. Vor welchen Problemen die Menschheit konkret steht und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, ist im aktuellen Sonderbericht des Weltklimarats IPCC dokumentiert. Die zentrale Frage: Wie können wir immer mehr Menschen ernähren, ohne die Natur und damit die Existenzgrundlage der Weltbevölkerung zu zerstören?

Einerseits sind mehr als 820 Millionen Menschen weltweit unterernährt, andererseits werden Lebensmittel in Massen weggeworfen und immer größere Flächen für noch mehr Weizen, Soja und allen voran Tiere zur Fleischproduktion geschaffen. Wälder müssen Feldern weichen – Wälder, die unter anderem dringend notwendig sind, um die Erderwärmung zu begrenzen.

Der Report macht deutlich: Es gibt untrennbare Beziehungen zwischen Mensch, Land und Klima. Wie genau sie auf einander einwirken, haben die Forscherinnen und Forscher des Rats auf Basis mehrerer Tausend Studien analysiert. ZEIT ONLINE stellt die wesentlichen Erkenntnisse vor:
    
Die Menschheit nutzt bereits mehr als 70 Prozent der eisfreien Landflächen des Planeten, um die Weltbevölkerung zu ernähren, Wald zu bewirtschaften und Güter zu produzieren. Die restlichen Regionen liegen brach. Darunter sind durchaus lukrative Wälder, gutes Grasland und Savannen. Aber eben auch 12 Prozent an Flächen, die gar nicht für die Landwirtschaft geeignet sind, weil es sich etwa um Wüsten oder hochalpine Gebiete handelt.

Den Großteil der brauchbaren Flächen bearbeiten Farmerinnen und Farmer äußerst intensiv. Sie betreiben Ackerbau, verwandeln das Land in Weideflächen oder schaffen Plantagenwälder. Zwanzig Prozent der eisfreien Gebiete nutzen sie weniger stark: Aus diesen Wäldern entnehmen Menschen beispielsweise nur teilweise Brennholz oder sie jagen dort. "Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts hat sich die Landnutzung des Menschen stark intensiviert, denn es standen nun mineralische Dünger und neue Nahrungsmittelpflanzen zur Verfügung", sagt Almut Arneth, Ökosystem-Forscherin am Karlsruher Institut für Technologie und Leitautorin des ersten Kapitels des IPCC-Berichts. "Auf der bestehenden Fläche wurde dadurch mehr angebaut." Das Problem: Die industrielle Landwirtschaft, die dafür sorgt, dass sich Lebensmittel in unseren Supermärkten stapeln, basiert auf chemischen Mitteln und Praktiken, die häufig energieintensiv und umweltschädlich sind. Trotzdem nutzt der Mensch immer mehr Fläche für die Landwirtschaft. Das liegt zum einen an der wachsenden Weltbevölkerung, zum anderen an neuen Ernährungsgewohnheiten, die mehr Anbaufläche pro Kopf fordern. Besonders die intensive Fleischproduktion verbraucht große Flächen. Für Steaks, Hähnchenschenkel und Koteletts braucht es viel Land. Tierische Produkte herzustellen, belastet die Umwelt enorm, weil für die Futtermittel und Weideflächen Wälder weichen müssen und weil dadurch tonnenweise Methan in die Luft gelangt. Das ist heute schon problematisch, wird aber immer kritischer, da auch die Bevölkerung in Ländern des globalen Südens vermehrt tierische Produkte isst.

Aus dem aktuellen Report geht hervor: Seit den Sechzigerjahren hat sich die weltweite Fleischproduktion pro Kopf mehr als verdoppelt. Würden die Menschheit ihre Ernährung auf mehr Getreide, Gemüse und Hülsenfrüchten umstellen, ließen sich Treibhausgasemissionen deutlich reduzieren. "Wir müssen nicht komplett auf tierische Produkte verzichten, aber wir müssen zum Prinzip des Sonntagsbratens zurück", fasst es Alexander Popp zusammen, Forscher am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung und Autor des IPCC-Berichts.

Gleich mehrere Studien waren entscheidend für dieses Fazit. So hatten Forscherinnen und Forscher ermittelt, dass sich die durch Landnutzungsänderung entstehenden Kohlenstoffemissionen um fast 80 Prozent senken ließen, wenn die Menschheit ihre Ernährung bis 2050 auf einen Anteil von 15 Prozent tierischer Kalorien umstellt (Global and Planetary Change: Weindl, 2017). In einer weiteren Studie verglichen Wissenschaftler die Ernährungsweise eines durchschnittlichen Inders mit der einer US-Amerikanerin. Das Ergebnis: Die Fläche, die zum Anbau benötigt wird, verringert sich stark, wenn die Weltbevölkerung so isst, wie in Indien üblich. Das Gegenteil wäre der Fall, wenn sich alle wie ein durchschnittlicher US-Amerikaner ernähren würde – es bräuchte noch mehr Anbaufläche (Global Environmental Change: Alexander, 2016). Zwischen 25 und 30 Prozent aller produzierten Lebensmittel werden verschwendet oder weggeworfen. Auch das zeigt der IPCC-Report. Dieser Anteil ist seit dem Jahr 1970 um rund 40 Prozent gestiegen und kostet laut der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft jedes Jahr ungefähr 890 Milliarden Euro.

Besonders in reichen Ländern landet Essbares auf dem Müll: Insgesamt 222 Millionen Tonnen jährlich. "Schon beim Bauern gehen Lebensmittel verloren. Das setzt sich beim Transport der Nahrungsmittel fort und danach im Supermarkt. Aber auch die Konsumenten werfen viel weg", sagt Almut Arneth. Pro Kopf sind es in Europa und Nordamerika durchschnittlich 95 bis 115 Kilogramm Lebensmittel im Jahr, in den afrikanischen Subsahara-Staaten und in Asien nur sechs bis elf Kilogramm pro Kopf. In den Industrienationen sind es eher die Einzelhändler oder die Verbraucher, die Essen wegwerfen, während die Nahrungsmittel in den Entwicklungsländern direkt nach der Ernte im Müll landen. Etwa weil der Transportweg vom Dorf zum Markt so lang ist, dass die Lebensmittel währenddessen nicht richtig konserviert werden können. Wächst auf einem Acker weniger Getreide, steht auf einer Weide weniger Gras oder nimmt ein Ökosystem an biologischer Vielfalt ab, sprechen Experten von Landdegradierung. Die biologische Funktionalität schwindet und damit der Wert, den diese Fläche für den Menschen hat. Der IPCC-Bericht zeigt nun, dass ein Viertel der eisfreien Landflächen weltweit davon betroffen ist.

Der Klimawandel ist eine Ursache des Wandels, zugleich begünstigen schlechtere Böden die Erderwärmung. So speichert der Boden weniger Kohlenstoff, wenn er von Landdegradierung betroffen ist; etwa weil nicht richtig bewässert wurde. Gleichzeitig trocknet Hitze immer häufiger den Boden aus oder Starkregen und Überflutungen tragen den fruchtbaren Oberboden ab – immer intensiveres Extremwetter ist eine Folge des Klimawandels. Eine weitere: Durch den steigenden Meeresspiegel dringt Meerwasser in Flussmündungen und versalzt eigentlich fruchtbare Böden der Küstenregionen. Das zeigt sich weltweit, etwa in Flussdeltaregionen in Südasien, Südafrika und Südamerika. Milliarden Menschen sind von dem Wandel betroffen, geschätzt zwischen 1,3 und 3,2 Milliarden. Die meisten davon leben in Entwicklungsländern."Der Klimawandel ist ein Multiplikator für Landdegradierung und die Auswirkungen treffen den globalen Süden besonders stark", sagt Kathleen Hermans vom Helmholtz Zentrum für Umweltforschung, die am Kapitel zu Landdegradierung im aktuellen Report mitgeschrieben hat. "In der nördlichen Hemisphäre haben wir zum einen die effizienteren Technologien, zum Beispiel Kunstdünger und Pestizide", erklärt sie weiter. Diese sind langfristig zwar nicht nachhaltig, helfen aber, die Erträge gleich hoch zu halten. Notfalls wird importiert. In anderen Regionen hingegen, etwa dem dicht besiedelten Hochland Äthiopiens, können viele Kleinbauern nicht mehr von den Erträgen leben. "Die Menschen dort haben nur sehr wenig Ländereien, ein halber Hektar ernährt eine ganze Familie, also vier bis fünf Personen", sagt Hermans. Erhitzt sich die Erde um mehr als 1,5 Grad im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten, drohen Extremwetterereignisse und Naturkatastrophen weltweit. Misst man die reine Lufttemperatur an Land, ist diese Temperaturmarke laut des aktuellen IPCC-Reports bereits überschritten. Allein die globale Temperatur, also die Durchschnittstemperatur an Land und in den Ozeanen, liegt mit einem Anstieg von rund 0,9 Grad Celsius unter der Grenze. Die Schätzungen variieren diesbezüglich leicht.

In der Folge breiten sich Wüsten aus. In der afrikanischen Subsahara, in Teilen Ost- und Zentralasiens oder in Australien beispielsweise, zudem sind Sandstürme häufiger und stärker geworden. Das ist Fakt. Dem Langzeittrend widersprechen nach jetziger Kenntnis auch nicht die überraschenden Satellitenaufnahmen der vergangenen dreißig Jahre. Sie zeigen, dass der Planet vielerorts grüner statt brauner geworden ist.

"Im Moment überwiegt der positive Einfluss des Klimawandels auf die Vegetation, eine größere Fläche wird grüner als brauner. Dadurch wird mehr Kohlenstoff auf Landflächen gebunden als beispielsweise durch Abholzung und Rodung freigesetzt wird", erklärt Livia Rasche vom Centrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit der Universität Hamburg dem Science Media Center. Doch diese Entwicklung wird nicht von Dauer sein. "Immer mehr Fläche wird für die Landwirtschaft genutzt, wofür oft Ökosysteme mit großen Kohlenstoffspeichern wie Feuchtgebiete, Moore und Wälder umgewandelt werden und deren Kohlenstoff freigesetzt wird", sagt Rasche. Wälder halten den Planeten kühl. Sie fangen Kohlendioxid aus der Atmosphäre, um es in Stämmen, Wurzeln und im Boden zu speichern. "Unsere Landsysteme, die Wälder und Böden, haben eine Senkenfunktion", erklärt der Klimaforscher Alexander Popp. Werden sie richtig gemanagt, speichern sie das Treibhausgas oder können sogar mehr aufnehmen. Ähnlich ist es bei Feuchtgebieten und Mooren, die ebenfalls große Kohlenstoffspeicher sind.

Doch weltweit schwinden Waldflächen, auch wenn in einigen Regionen etwa in China und Indien, oder zuletzt in Äthiopien viel Aufforstung betrieben wurde. Forscherinnen und Forscher gehen davon aus, dass nahezu 17 Prozent des Amazonaswaldes entwaldet sind. Sollten es künftig mehr als 20 bis 25 Prozent sein, könnte mehr als die Hälfte der Amazonaswälder zu Savanne, Ackerland oder Weidefläche werden und damit über 50 Milliarden Tonnen Kohlenstoff in die Atmosphäre freigesetzt werden.

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